Den letzten Beitrag in dieser Kategorie habe ich Anfang August veröffentlicht. Das war noch vor meiner unfreiwillig etwas ausgearteten Sommerpause. Am vergangenen Samstag war nun schon Herbstanfang und damit werden die Tage so langsam kürzer, dunkler und kälter …
Da passt mein Wort der Woche ganz gut, denn es beflügelt die Vorstellungskraft und ruft ein recht düsteres Bild hervor, wie ich finde. Oder woran denkst du, wenn du den Begriff
Seelenverkäufer
hörst?
Seelenverkäufer – ein echtes Kopfkino-Wort?
Wenn ich das Wort „Seelenverkäufer“ höre oder lese, habe ich sofort ein ganz konkretes Bild im Kopf:
Der Begriff aus der Seemannssprache lässt mich an ein marodes Segelschiff denken, das in irgendeinem gottverlassenen Hafen am Kai vertäut ist. Es dämmert bereits und aus zwielichtigen Spelunken erklingt laute Musik, ab und an durchbrochen von deftigen Flüchen und dem Splittern eines Glases.
In diese Geräuschkulisse mischt sich das stetige Knarzen des Segelschiffes, das auf dem Wasser sanft hin und her schaukelt. Das gruselige Schiff macht wahrlich keinen vertrauenerweckenden Eindruck und ich frage mich, welcher Seemann freiwillig auf diesem reparaturbedürftigen Kahn anheuern würde …
Na, kommt meine Beschreibung deinen Assoziationen zum Begriff „Seelenverkäufer“ nahe? Oder hast du ein völlig anderes Bild im Kopf, wenn dir das Wort begegnet?
Vielleicht kommt dir aber auch gar kein Schiff in den Sinn und ein Seelenverkäufer ist in deiner Vorstellung eine zwielichtige Person mit unlauteren Absichten? Gut möglich, denn der Duden führt für dieses Wort zwei Bedeutungen auf:
- „schlecht gebautes oder zum Abwracken reifes Schiff, das eigentlich nicht seetüchtig ist, aber trotzdem auf See eingesetzt wird“
- „männliche Person, die (z. B. als Verräter, als Menschenhändler) Menschen skrupellos [für Geld] anderen ausliefert“
Warum nennt man ein marodes Schiff „Seelenverkäufer“?
Um Menschenhändler soll es hier heute nicht gehen, daher bleiben wir im maritimen Jargon und schauen uns einmal kurz an, warum man ein reparaturbedürftiges Schiff eigentlich als „Seelenverkäufer“ bezeichnet.
Die Entstehung dieses Begriffes liegt sicher in einer Zeit, in der die meisten Schiffe noch aus Holz gebaut wurden und die Bedingungen an Bord nicht selten viele Gefahren für die Seeleute mit sich brachten. Vor allem Schiffe, die bereits eine lange Dienstzeit hinter sich hatten, werden häufig in einem schlechten Zustand gewesen sein. Vielleicht fehlte das Geld für die Reparatur, vielleicht war den Reedern das Schicksal der Besatzung aber auch schlicht und ergreifend egal.
Die Bezeichnung „Seelenverkäufer“ hat ihren Ursprung in der Vorstellung, dass diese maroden Schiffe buchstäblich die Seelen ihrer Besatzungsmitglieder „verkauften“. Der Begriff spiegelt also sehr gut die düstere Realität der Seefahrt in vergangenen Zeiten wider. Schließlich riskierten die Seeleute oft ihr Leben auf den gefährlichen Seereisen: Es drohten Unfälle und Katastrophen, die Arbeitsbedingungen waren oft katastrophal und auch die psychische Belastung wird für viele Seeleute hoch gewesen sein.
Obwohl die Verwendung des Ausdruckes „Seelenverkäufer“ insgesamt rückläufig ist, wird der Begriff bisweilen auch für Schiffe moderner Bauart verwendet. So taucht er – auf erschütternde Weise passend – in Zusammenhang mit Flüchtlingen auf, die sich an Bord altersschwacher Schiffe dicht an dicht drängen und verzweifelt versuchen, nach Europa zu gelangen.
Ein berühmter Seelenverkäufer: Der Fliegende Holländer
Eine faszinierende Geschichte, die für mich eng mit dem Begriff „Seelenverkäufer“ verknüpft ist, ist die Legende vom Fliegenden Holländer. Sie wird in der „Fluch der Karibik“-Filmreihe thematisiert, lieferte aber schon lange vor Johnny Depps Erfolg als Captain Jack Sparrow den Stoff für etliche literarische Werke, Filme sowie Richard Wagners weltbekannte Oper Der Fliegende Holländer.
Die Legende erzählt von einem Kapitän (die überlieferten Namen variieren), der aufgrund eines Fluches dazu verdammt ist, für immer auf den Ozeanen zu segeln. Niemals darf er einen Hafen anlaufen, es sei denn, er würde von seinem Fluch erlöst. Das Geisterschiff des Fliegenden Holländers wird oft als düsteres Segelschiff beschrieben, das bei Sturm und Nebel auftaucht und Unglück verheißt.
Ganz schön gruselig, was?
Ich wünsche dir einen schaurig-schönen Start in die neue Woche! ☠️
Abbildungsnachweis:
Schiff: Bild von Matthew Z. auf Pixabay (https://pixabay.com/de/photos/piraten-segelschiff-fregatte-schiff-587988/)
Kapitän: Bild von Willi-van-de-Winkel auf Pixabay (https://pixabay.com/de/illustrations/ai-generiert-pirat-korsar-zeichnung-8086967/)